Wir haben Übung oder? Jeder von uns hat schon mindestens 100 Videokonferenzen gemacht, sieht sich selbst permanent im Bildschirm, ist mit den gängigen TEAMS Funktionen vertraut und fühlt sich sicher.
Auch im Vorstellungsgespräch. Ein erstes TEAMS Interview gilt mittlerweile als Standard. Aber kein klassischer Stellensuchender ist Vorstellungsgespräche so gewohnt, dass er das im ff vom Sofa aus stemmt.
Aber hier lauert die Gefahr: Gewohnheit!
Als Erweiterung zu Telephoninterview bringt das Bild eine stärkere persönliche Note im Austausch. Im Gegensatz zum persönlichen Kennenlernen, sehen wir zwar das Gegenüber, jedoch fehlt die direkte Interaktion. Es werden weniger schnell Sympathien aufgebaut, vieles bleibt nüchterner, man setzt weniger auf small talk und kommt rascher auf den Punkt. Kandidaten die gewohnt sind mit Charme zu agieren, müssen bei den hard-facts bestehen. Aber jeder Bewerber kann mit Gewandtheit und Entspanntheit vor der Kamera punkten.
Ein Videointerview gut zu machen, lässt sich genauso gut lernen wie vieles andere. Eine Sache der Technik und der Übung. Routine bringt Gelassenheit. Erst dann können Sie so reagieren wie Robert Kelly. Unvergessen, das Video mit seinem Live-Interview mit BBC bei sich zu Hause, als er unverhofft unterbrochen wird.
Erfolgsfaktoren im Video Jobinterview:
- ruhige Umgebung und funktionierende Technik
- perfektes Outfit und Augenkontakt mit Kamera
- kontrollierte Mimik, Gestik und Stimme
- sie sind natürlich, nahbar und entspannt
Hier sind unsere 10 Regeln für erfolgreiche Video Vorstellungsgespräche:
1. Gute Vorbereitung: Wer sich auf ein Videointerview nicht im gleichen Umfang vorbereitet wie auf ein persönliches Interview, hat die Kraft des bewegten Bildes noch nicht verstanden! Egal ob on- oder offline: Bereiten Sie sich gewissenhaft vor! Haben Sie die Fakten zum Unternehmen, dem Geschäftsumfeld und zur Stelle im Kopf. Informieren Sie sich über die Funktion der Gesprächspartner, checken sie denen online Profil.
2. Trennung von Privatem und Geschäftlichen: Unternehmen nutzen dazu meist Skype, Zoom, Blue Jeans oder eines der Millionen Videokonferenz-Tools, die online gratis zur Verfügung stehen. Vielfach bekommt der Bewerber ein Link mit einem persönlichen Code. Dann gibt er seine User-ID oder ein Passwort ein und schon ist er im Videobild. Hier lauern schon die ersten Fallen: Wenn Sie die Software bisher nur privat nutzen und hangover2015 oder Hase1963 als skype-ID gespeichert haben, jetzt ändern.
3. Optimieren von Bild, Ton, Licht und Hintergrund: Bild: Stellen Sie sicher, dass Sie das Interview ohne Ablenkungen führen können. Am besten in einem geschlossenen, oder sogar abgeschlossenen Raum. Prüfen Sie die Position der Kamera: Sie sollten leicht aufschauen und zentral in der Bildmitte erscheinen.
Ton: Prüfen Sie Mikrophon und Tonempfang. Wenn sie ein Headset tragen, aktiveren Sie diese Hardware auf Ihrem Tablet oder direkt in der verwendeten Software.
Licht: Das Licht sollte von der Seite oder von oben kommen. Vermeiden Sie sich veränderndes Tageslicht, damit es keine Schwankungen bei der Belichtung gibt.
Hintergrund: Im Zweifel wählen sie einen neutralen Hintergrund. Achten Sie auf Spiegelungen: Fensterscheiben, Glastüren oder Spiegel hinter Ihnen können mit Lichtreflexen und störenden Spiegelungen ihren Video-Auftritt ungewollt zur Lachnummer machen. Private Bilder im Hintergrund vermeiden. Wer mehr als eineinhalb Meter Abstand zum Hintergrund einhält, vermeidet hässliche Schatten. Je weniger spiegelnde Flächen im Blickfeld, desto besser. Bei Brillen optimieren Sie die Lichtverhältnisse, um ungünstige Spiegelungen an der Augenpartie zu vermeiden.
4. Technik im Griff: stabile Internetverbindung: Kontrollieren sie ihre Verbindung und den Datentransfer, schliessen sie alle unnötigen Browser Tabs und andere Applikationen die die Konferenz unterbrechen könnten oder die Internetverbindung verlangsamen. Setzen sie ihr mobile auf stumm oder sogar auf Flugmodus um nicht abgelenkt zu werden.
5. Kleidung, Schmuck, Schminke: Ziehen sie sich so an, als würden sie zu einem face-to face interview gehen. Recherchieren sie auch hier Branche und Firmenkultur für einen angemessenen Auftritt. Vermeiden sie starke Farbkontraste: weisse Hemden lassen das Gesicht unterbelichtet und kaum mehr erkennbar wirken. Bei schwarzem Outfit versucht die Webcam, das Schwarz zu zeigen, was zu überbelichtetem Gesicht führt.
Vermeiden sie grelle Farben wie leuchtende Rottöne, Gelb, Rosa. Die können der Haut einen leicht rötlichen, unnatürlichen Farbton geben. Weichere, kräftigere Farben funktionieren dagegen gut. Blau ist fast immer eine der besten Optionen.
Auch Muster sind gefährlich: Aus technischen Gründen können viele Kamerachips nicht mit Nadelstreifen, Hahnentrittmuster, Fischgräten oder vergleichbaren Muster umgehen. Diese verursachen ein starkes Bildflimmern. Der sog. Moiré-Effekt (eine Interferenz). Bei Krawatte und Jackett deshalb lieber unifarben als gemustert.
Besser Linsen als Brille, wegen der Spiegeleffekte. Auch wenn man nur die obere Hälfte des Körpers sieht, es ist trotzdem eine gute Idee vollständig gut gekleidet zu sein, sollten sie aus irgendeinem Grund aufstehen müssen.
Frauen sollten für Videointerviews etwas Schminke tragen. Wie beim persönlichen Interview, vermeiden sie aber starke und auffällige Schminke und Schmuckstücke, seien sie speziell vorsichtig bei Ohrringen die glitzern oder spiegeln oder zu bunt sind. Tragen sie Puder oder leichtes Make-up auf, im Stress kommt es leicht zu glänzenden Gesichtspartien, Stressflecken auf der Haut oder am Hals sowie Erröten.
6. Halten Sie Augenkontakt: Wir alle wissen, wie wichtig es ist, während eines Interviews einen vertrauensvollen Blickkontakt herzustellen. Video macht das schwierig. Wenn Sie mit jemandem per Videokonferenz sprechen, wollen Sie sich natürlich auf das Gesicht ihres Gesprächspartners konzentrieren. Abhängig davon, wo sich das Gesicht befindet und wo die Kamera oder Webcam steht, kann dies dazu führen, dass sie auf dem Bildschirm erscheinen, als ob Sie nach unten sehen oder wegschauen. Um wirklichen Blickkontakt zu halten, müssen Sie in die Kamera schauen – nicht auf den Monitor. Das wirkt für den Betrachter dann eher so, als würden Sie knapp an ihm vorbeisehen.
Ändern Sie beim Online-Interview die Größe des Fensters mit dem Videobild der Person und verschieben sie dieses nach oben oder so nah wie möglich an die Webcam. Dies gibt die größtmögliche Annäherung an den realen menschlichen Augenkontakt.
Augenkontakt per Webcam kann sich zunächst etwas unangenehm anfühlen. Viele Menschen, die ihr Gegenüber bewusst ansehen wollen, reagieren mit einer «Überkompensation». Sie starren in die Kameralinse. Augenkontakt nicht länger als 5 Sekunden auf einmal aufrechtzuerhalten. Augenkontakt kurz abbrechen, kurz wegschauen, atmen, dann wieder anschließen. Idealerweise entsteht das, was für die Wirkung in einem Videointerview überaus entscheidend ist: es entsteht Vertrauen!
7. Kontrollieren sie ihre Gesichtsmimik und ihre Haltung: Während des Gespräches sollten sie positiv und optimistisch wirken. Das können sie mit Körpersprache unterstreichen. Nehmen sie eine aufrechte Haltung ein, sitzen sie mit geradem Rücken im Stuhl und öffnen sie ihre Schultern. Ihre Füsse platzieren sie auf dem Boden, ihre Arme können auf dem Tisch oder im Schoss liegen. Ein selbstbewusstes, echtes Lächeln ist wichtig. Vermeiden Sie lautes Lachen. Sie wollen zeigen, dass sie eine angenehme Person sind, mit der man gerne arbeitet. Nicken Sie ab und zu zustimmend.
Dauerlächeln ist unangebracht und wirkt irritierend, gehen sie auf die Fragen ein, ihre Mimik sollte zum besprochenen Thema passen. Sie können auch mit Gesten einen Sachverhalt schildern. Vermeiden sie aber, dass ihr Blick zu weit in die Ferne schweift oder sie an die Decke schauen.
8. Ticks und Unbewusstes: Achten sie auf allfällige unbewusste, nervöse Ticks. Dazu gehören Dinge wie ein konstantes Räuspern, übermäßig mit den Augenbrauen zu wackeln, wiederholt zu blinzeln, leer zu schlucken oder immer dieselben Formulierungen zu wiederholen. Und lassen sie bitte die Hände aus dem Gesicht! Kratzen sie nicht unbewusst am Mundwinkel, streichen und zupfen sie nicht im Bart oder an den Haaren herum, kratzen sie nicht fragend an der Nase und klatschen sie sich nicht auf die Stirn. Stützen sie auch auf keinen Fall ihren Kopf auf die Hand.
Finden sie heraus, was sie machen, und üben sie, diese Ticks zu unterdrücken. Im Ganzkörperauftritt nimmt man solch kleine Gesten weniger wahr. Mit dem Fokus auf das Gesichtsbild fallen sie störend auf. Noch häufiger aber sind nervöse Ticks auf der Sprachebene. Ein «uh-huh» oder «wie jetzt?» alle paar Sekunden stört enorm. Und: Seien sie nicht zu perfekt. Das ist nicht sympathisch und wirkt einstudiert. Zeigen sie Kompetenz, aber lassen sie Spielraum für Spontanität.
9: Atmung, Stimme und Stimmmodulation: Unmittelbar vor dem Gespräch entspannen sie sich: ein paar Schritte Bewegung, einige Minuten Meditation, ideal Atemübungen. Atmen sie dazu mehrmals langsam tief ein und aus, bis in den Bauch. Mit steigender Nervosität ändert sich bei vielen Menschen die Stimme. Die Stimmlage wird höher, das Sprechtempo wird schneller. Versuchen sie im Videointerview gezielt, diesen Faktoren entgegenzuwirken und ihre Stimme bewusst einzusetzen.
Starten sie langsam: Viele von uns neigen dazu mit vollem Tempo zu starten, wenn sie nervös ist. Ziel ist es, etwas langsamer und deutlicher als normal zu sprechen. Je nach Mikrophon ist die Übertragung verlangsamt oder hohe Frequenzen überschlagen sich. Langsamkeit strahlt Ruhe aus, ein Zeichen von Professionalität und Kompetenz.
10. Entspanntes Warm down: Wie bei jedem Interview, wird das Gegenüber Signale zum Gesprächsende senden. Akzeptieren und antizipieren sie diese, versuchen sie nicht, jetzt noch Beispiele zu bringen, die ihnen vorher nicht eingefallen sind. Die Verabschiedung fällt kürzer aus als bei einem persönlichen Kennenlernen. Bedanken sie sich für die Gelegenheit zu diesem Gespräch oder bekunden sie nochmals ihr Interesse an diesem Austausch.
Schicken sie ein follow -up mail am selben Tag oder einen Tag später. Das hilft, mit dem möglichen Arbeitgeber in Verbindung zu bleiben und macht es leichter, Folgeschritte zu definieren.
Üben, üben, üben:
Und jetzt kommt der Trainingsteil: Üben sie mit Freunden und Partnern. Und zwar solange, bis sie die Kamera gar nicht mehr wahrnehmen. Sie werden mit jedem Videointerview besser und selbstsicherer. Und vergessen sie den Spass nicht, den sie bei ihrem Auftritt vor der Kamera haben werden!