Geisterinserate? Ja die gibt es
Stellensuche ist manchmal ein Buch mit Sieben Siegeln und braucht ganz schön Nerven. Dazu kommen offenbar immer öfter Stelleninserate für nicht existierende Jobs, höre ich von den Kandidaten. Diese Anzeigen sind sowohl von Firmen geschaltet als auch von Agenturen.
«Wie kommen Sie denn drauf, dass keine Stelle dahinter steckt?», frage ich neugierig.
- Weil ich keine Antwort bekomme
- Weil ich nicht eingeladen werde
- Weil die Anzeige schon das ganze Jahr läuft
Also, ich sage dazu: Es ist kompliziert. Ich will deshalb den Blick hinter die Kulissen werfen:
Erstens
Verschiedene Firmen haben durch das Jahr einen redundanten Personalbedarf, der eigentlich immer ein Thema ist. Die Anzeige läuft dauernd mit verschiedenen Stellentiteln. Bei guten Bewerbern wird zugegriffen und eingestellt. Der Rest versandet gerne. Das ist nicht gut für die CI, aber leider Tatsache.
- Chemielaborantinnen bei herstellender Pharma Firma
- Ingenieursprofile für Pharma Neu- und Umbauten
- QA Manager Profile alle Couleur
Zweitens
Für die Stelle ist ein Interner vorgesehen, faktisch also schon intern vergeben. Aber man würde auch gerne sehen, wie der Markt aussieht und ob es noch bessere Bewerberinnen gäbe. Die Anzeige wird über einen längeren Zeitraum geschalten. Auch hier wird nur reagiert, wenn ein Bewerber besser oder gleichwertig zum internen Bewerber ist. Es herrscht kein dringender Personalbedarf, da die Nachfolgeplanung über einen längeren Horizont verläuft. Das gibt den Eindruck einer stehenden Rekrutierung, spricht Geisterinserat.
Drittens
KI Werkzeuge im Anzeigenmarkt greifen in regelmässigen Abständen auf unterschiedliche Websites zu und speisen die Portale. Alte Stellenanzeigen, bei denen der Prozess schon weit fortgeschritten ist, erscheinen wieder als aktuell. Zur Frustration von schon abgesagten Bewerbern, die dann den Eindruck haben, die Stelle würde eh nicht besetzt werden. Dieses Phänomen lässt sich von den Firmen fast nicht kontrollieren. Man lässt es geschehen.
Viertens
Das aggressive Vorgehen von Agenturen und Personalvermittlern aus dem In- und Ausland. Derzeit steigt der Verkaufsdruck auf die Berater. Es werden also alte oder generische Inserate geschalten, um einen Bewerberpool aufzubauen, mit dem dann «gearbeitet» werden kann. Hier werden auch wild Dossiers in der Gegend herumgereicht und angeboten. Datenschutz hin oder her. Hier gilt für den Bewerber: Trau schau wem. Nicht jede Chance ist reell.
Aber
Aber ehrlich gesagt, die beiden Seiten schenken sich nichts! Ich kenne auch Geisterkandidaten. Das sind Personen, die ihren grünen Kringel auf linked-in zum Dauerstatus machen, gerne mit einem Auge am Markt bleiben oder ihren Marktwert austesten, wenn sie eine interne Beförderung angeboten bekommen. Dann gibt es die, die RAV beruhigen müssen und auf emails und Anrufe nicht reagieren und die, die einfach gerne an Bewerbungsgespräche gehen.
Die Geisterwelt bleibt spannnd!